Beckenboden- & Inkontinenztherapie
Blasen- und Darmschwäche - (k)ein Tabuthema!
Als Inkontinenz (lat. Incontinentia) bezeichnet man das Unvermögen etwas zurückzuhalten.
In Bezug auf die Ausscheidungen (Harn, Stuhl) bedeutet dies, das Unvermögen den Blasen-
und/oder Darminhalt sicher zu speichern und Entleerung willkürlich (selbstbestimmt) zu
steuern. Unwillkürlicher Urinverlust oder Stuhlabgang sind die Folgen.
Harn- und Stuhlinkontinenz sind weiter verbreitet als vermutet. Über die Zahl der
Betroffenen gibt es nur Vermutungen. Nach heutiger Schätzung sind weltweit 50 - 200
Millionen Menschen von Inkontinenz betroffen, davon etwa 5 bis 8 Millionen Menschen
in Deutschland. Ausgehend von den Umsatzzahlen der Hersteller für Inkontinenzhilfen
dürfte die Dunkelziffer bei etwa 10 Millionen betroffener Menschen in deutschland
liegen. Nach verschiedenen Hochrechnungen sollen bis zum Jahr 2050 fast 30 Prozent
der Bundesbürger von Inkontinenz betroffen sein.
Mehr als 2 Millionen von den in Deutschland lebenden Menschen mit einer behandlungs-
oder versorgungsbedürftigen Inkontinenz sind älter als 60 Jahre. Bei den über 80-jährigen
sind es sogar nahezu 30%. Dabei sind es grundsätzlich wesentlich mehr Frauen als Männer,
die von Inkontinenz betroffen sind.
Die häufigsten Formen der Inkontinenz:
Belastungsinkontinenz
(früher auch Stressinkontinenz)
Bei einer Belastungsinkontinenz führt eine körperliche Belastung oder Anspannung dazu,
dass der Urin nicht mehr gehalten werden kann. Typische Situationen sind Husten, Niesen,
Lachen oder schweres Heben. Sie ist die häufigste Form der Blasenschwäche bei Frauen. Bis
zu 40 Prozent der Frauen mit Harninkontinenz sind von dieser Form betroffen. Die Ursache
dafür liegt in der Anatomie des weiblichen Beckens begründet. Aufgrund von Schwangerschaften,
vaginalen Geburten, gynäkologischen Operationen, Organsenkungen oder -vorfällen, Alterungsprozessen
(insbesondere durch die Hormonumstellung in der Menopause), aber auch durch Übergewicht,
Bewegungsmangel und schwere körperliche Arbeit kann es zu Schäden im Bereich des Beckenbodens
und des Blasenauslasses kommen. Entweder ist die Harnröhre nicht mehr fest im Haltesystem aus
Muskel- und Bindegewebe verankert, oder die Verschlussfähigkeit an sich ist beeinträchtigt.
Das Durchschnittsalter der Frauen mit Belastungsinkontinenz liegt mit 47,3 Jahren deutlich
niedriger als das der Gesamtheit der Frauen mit Harninkontinenz (51 Jahre). Das Problem tritt
also auch in jüngerem Alter auf.
Bei Männern kann es aufgrund einer Schädigung des äußeren Blasenschließmuskels im Rahmen einer
Unterleibsoperation, z. B. infolge einer Krebserkrankung oder Vergrößerung der Prostata, zur
Belastungsinkontinenz kommen. Eine schwere körperliche Belastung als Ursache ist eher selten.
Urgeinkontinenz (auch Dranginkontinenz oder überaktive Blase)
Die Urgeinkontinenz ist eine Störung des Speichervermögens der Blase, bei der sich der
Blasenmuskel bereits bei geringer Füllmenge unwillkürlich zusammenzieht. Hierdurch
entsteht ein, nicht zu unterdrückender Harndrang und es kommt zum unfreiwilligen Urinverlust.
Die überaktive Blase bezeichnet einen Symptomenkomplex aus häufigem Wasserlassen mit geringen
Urinmengen, zum Teil nächtlichem Wasserlassen und dem Auftreten eines nicht zu unterdrückenden
Harndrangs, wobei ein Urinverlust auftreten kann, aber nicht muss. Alleine die starken, nicht zu
unterdrückenden Harndrangepisoden stellen für viele Patienten eine große Einschränkung in ihrem
Tagesablauf dar.
Während die Urgeinkontinenz bei Männern in jedem Lebensalter die vorherrschende Harninkontinenzform
ist, leiden Frauen unter 50 Jahren eher seltener an einer reinen Urgeinkontinenz, als an einer
Belastungsinkontinenz.
Mischinkontinenz
Bei der Mischinkontinenz handelt es sich um eine Kombination aus Urge- und Belastungsinkontinenz.
Dabei können die Symptome beider Inkontinenzformen unterschiedlich ausgeprägt sein. Oft tritt bei
der Mischinkontinenz eine der beiden Inkontinenzformen stärker in Erscheinung. In über 30 Prozent
der Fälle dominiert die Belastungsinkontinenz.
Die Häufigkeit der Mischinkontinenz steigt vor allem mit fortschreitendem Lebensalter. Besonders
Frauen ab dem 50. Lebensjahr sind von dieser Form der Inkontinenz betroffen. Nach der Belastungsinkontinenz
ist sie die zweithäufigste Inkontinenzform bei Frauen.
Stuhlinkontinenz
Als Stuhlinkontinenz wird die Unfähigkeit bezeichnet, den Darminhalt – flüssigen oder festen Stuhl,
Darmgase und Darmschleim – willentlich zurückzuhalten. Hierbei kann es zu einem unkontrollierten Abgang
geringer oder größerer Stuhlmengen kommen, oder der Stuhldrang wird zu spät oder überhaupt nicht wahrgenommen,
so dass die Toilette zu spät oder gar nicht aufgesucht wird. Man unterscheidet dabei drei verschiedene
Schweregrade, die vom Stuhlschmieren bei Belastung bis hin zu einem totalen Kontrollverlust über die
Darmentleerung reichen.